Kurzbahn-Europameisterschaft der Masters in Madeira

Ein Wettkampfbericht von Dietrich Schwandt

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Sehr kurzfristig, erst im Sommer 2023, wurde diese EM vom Europäischen Dachverband für Wassersport LEN (Ligue Europeene de Natation) ausgeschrieben (1), und es war in der Historie der LEN die erste auf einer 25 m Bahn. Der Termin Ende November war besonders für die deutschen Aktiven sehr ungünstig, da eine Woche später schon die Dt. Mastersmeisterschaften in Hannover anstehen. Auch deshalb waren die Teilnehmerzahlen mit 950, davon 95 Deutsche, relativ gering. Wer hat noch Zeit und Geld sich Ende November eine Woche Urlaub auf Madeira zu leisten? Von den teilnehmenden 33 Nationen waren die Italiener, Spanier und Portugiesen am stärksten vertreten, und selbst die durch die aktuellen Kriege stark belastete Ukraine und Israel schickten kleine Abordnungen. Noch kleiner war unsere 3er Gruppe aus Hamburg mit Lydia Dönges, AK35 HT-16, Bernt Matthes, AK70 AMTV und mir AK75 (2).

Die Anreise war durch den kurz vor Abflug gecancelten Flugs sehr viel stressiger als die Wettkämpfe in der riesigen Schwimmhalle in Funchal (3). Eine weitere separate Halle mit 25 m Bahnen stand im 3. Stock! permanent zum Ein- und Ausschwimmen zur Verfügung, das war ein echter Luxus. Die Wettkämpfe waren insgesamt auf 7 Tage verteilt, es wurde „halbtags gearbeitet“, nur 3 bis 4 Std. täglich, alles sehr entspannt. Auch das Transportproblem war gut gelöst, täglich fuhren Shuttlebusse in 15minütigen Intervallen die Aktiven von den Hotels zur Schwimmhalle hin und zurück.

Für mich war alles Neuland. Ich bin ja ein älterer Frischling, was Meisterschaften betrifft. Die Norddeutschen Masters 2022 in Berlin, noch stark von Corona geprägt, waren meine ersten Meisterschaften nach einer über 50-jährigen Wettkampfpause. Dementsprechend beeindruckt war ich von der Organisation und den Abläufen dieser EM. Alles papierlos über Internet und die Wettkämpfe im Live-Stream. Petra und Dieter in Hamburg, und auch mein Sohn in Chicago, wussten über die Zeiten und Platzierungen oft besser Bescheid als ich und gratulierten postwendend, eine sehr schöne Sache. Neu für mich war auch der sog. Call-Room mit seinen 4 Abteilungen, in dem man sich spätestens 15 Minuten vor dem Start einfinden musste. Jede Abteilung hatte eine Stuhlreihe mit Nummern von 0 bis 9. Das Wichtigste war dabei die große Akkreditierungskarte um den Hals, ohne die ging gar nichts. Man wurde in jeder der 4 Abteilungen kontrolliert, und dann auf den Stuhl mit der Nummer seiner Startbahn gesetzt. Somit waren die nächsten 4 Läufe schon mal vorsortiert und kanalisiert. Bei den kurzen Strecken mit vielen Läufen ging es wie am Schnürchen: Kontrollieren, Hinsetzen, Aufstehen, Weitergehen, und das 4x. Das Suchen des richtigen Stuhls erinnerte ein bisschen an das Kinderspiel „Die Reise nach Jerusalem“.

Anfängerfehler gab es auch, so rutschte mir mal wieder die Schwimmbrille beim Startsprung von der Nase. Sehr ärgerlich, man sieht zwar die gelbe Wendewand noch verschwommen, aber keine Gegner mehr. Und meine Startreaktionszeiten sind mit bis zu 1,4 Sekunden auch sicher noch zu toppen, die Konkurrenz kommt auf 0,7 Sek. (4). Aber „lieber Spätstart als Frühstart“ dachte ich mir, und meine Sorge vor Disqualifikationen bei den Wenden beim Brustschwimmen schwimmt immer mit. Lydia vom HT16 wurde nachträglich über 200 m Schmetterling disqualifiziert, da sie laut Wenderichterin bei der 125m-Wende die Hände nicht gleichzeitig an der Wand hatte. Sie selbst hatte den Wendefehler nicht bemerkt und musste die sicher geglaubte Bronzemedaille abschreiben, ganz bitter!

Bei mir lief es sportlich besser, 2x Gold über 50 und 100 Brust, 3x Silber über 200 und 50 Freistil und 200 Brust und 1x Bronze über 800 Freistil. Teilweise war die Konkurrenz überschaubar und nicht so stark in den Meldezeiten, teilweise stark und übermächtig. So lieferte ich mir mit Frank Hesbacher, AK 75, jetzt USV TU Dresden, so manchen Fight. Über 50 Brust schlug ich ihn mit 43 zu 44 Sekunden (5), dafür rasierte er mich am nächsten Tag über 50 Freistil mit 32 zu 37 Sek. Frank Hesbacher (6), auf dem Bild rechts im grünen T-Shirt, ist den älteren Poseidon-Wasserballern sehr gut bekannt, da er seit 20 Jahren mit ihnen in einer Mannschaft spielt und mit Poseidon 3x Vizeweltmeister der Masters in Perth, Montreal und Kasan wurde. Vor seiner Masterszeit war er 125-facher Nationalwasserballspieler der DDR. Im Schwimmen errang er dann bei den Masters bisher 12 EM-Titel und jetzt noch 3 weitere dazu. Der Fight zwischen ihm und mir wird in Hannover weitergehen. Schade, dass Dieter Seifert nicht in Madeira dabei war, er als aktueller fünffacher Europarekordler in der AK 75 hätte noch viel besser abgeschnitten als wir.

Siegerehrungen gab es erstaunlicherweise keine, man holte sich die Medaillen gegen Unterschrift ab, und jeder konnte dann nach Lust und Laune vor der Werbewand posieren (7). Anna von Beuningen aus unserem Verein, von der das Bild mit dem Herzen um den SVP-Hamburg-Schriftzug stammt (9), startete hier bei der EM für den Schweizer Verein Limmat Sharks und gewann in der AK 30 die 100 Rücken. - Gratuliere, und auch das Posen gelang ihr deutlich besser als mir. (8)

Bei den Freiwasserwettkämpfen am Lido gewann der Hamburger Bernt Matthes die Silbermedaille über 1,5 km bei besten Bedingungen. Für die Freiwasserfans im SV Poseidon: Das 1,5 km und 3 km Schwimmen im 23,5 Grad warmen Atlantik war für die Aktiven und auch für die Zuschauer wie mich, ein grandioses Erlebnis (10). Das blaue Meer, das warme, milde Wetter und die schöne Vegetation auf der Blumeninsel werden unvergessen bleiben (11).

Die nächste WM im Februar 24 in Doha/Katar wurde und wird kontrovers von den Athleten diskutiert. Einige sehen keine Probleme dort anzutreten, Sport sollte man von Politik trennen, andere haben Bedenken, in ein Land zu fahren, das alles aufkauft wie die Fußball-WM, Rechte der Minderheiten missachtet und die Hamas unterstützt.

Aber jetzt freue ich mich auf die Deutschen Masters Meisterschaften am nächsten Wochenende in Hannover und besonders auf die Masters vom SV Poseidon.